Die Rolle von Mediation in der agilen Transformation
– ein Gedankenexperiment.
Als Agiler Coach war ich häufig mit Teamkonflikten konfrontiert, bei denen mir bei der Konfliktlösung meine Scrum Master und Coaching Fähigkeiten nicht ausreichten. Daher entschied ich mich auch für eine Ausbildung zur zertifizierten Mediatorin. Spannend finde ich, dass die agile Unternehmenstransformation bereits vielseitig beleuchtet wurde und auch häufig mit dem Aspekt Coaching in Verbindung gebracht wird, aber äußerst selten mit dem Begriff Mediation.
Als Gedankenexperiment beleuchte ich daher die drei größten Veränderungspunkte einer agilen Transformation und den jeweiligen Hinblick auf die Nutzung von Mediation, basierend auf meinen persönlichen Erfahrungen. Dazu gehören:
1. Dezentralisierung von Verantwortung
2. Erhöhter Austausch zwischen Teammitgliedern, Teams und Abteilungen
3. Neue agile Rollen und Anforderungen an Einzelne & Teams
1. Dezentralisierung von Verantwortung
Der Kern des Konzepts der agilen Arbeitsweise sind die Verlagerung und Verteilung der Verantwortung weg vom Management hinein in die (agilen) Teams & Mitarbeiter. Während streng hierarchisch geprägte Organisationen ihre Stabilität dadurch erlangen, dass die Verantwortung und Kontrolle zentral bei Führungskräften liegt, erlangen agile Unternehmen ihre Stabilität durch Delegation dieser Verantwortung nach unten und somit durch eine dezentrale Verantwortungsstruktur. Genau diese Dezentralisierung von Verantwortung führt jedoch häufig zu Konflikten zwischen Führungskräften und deren Mitarbeitern, da es diese Aufgabe beide „Parteien“ vor eine Herausforderung stellt, die sie so noch nicht gewöhnt und der sie auch selten gewachsen sind. In einem darauffolgenden Lernprozess kommt es nicht selten zu Konflikten zwischen Führungskräften und Mitarbeitern aufgrund von Unsicherheit mit der neuen Situation und oftmals ganz unterschiedlichen Ansätzen, diese zu lösen.
In diesen Konfliktsituationen zwischen Führungskräften, Mitarbeitern und Abteilungen
kann die Mediation sehr hilfreich sein.
2. Erhöhter Austausch zwischen Teammitgliedern, Teams und Abteilungen
Auch Konfliktprävention und ein reifer Umgang mit Konflikten kann hier äußerst förderlich sein, damit sich das gesamte Team aufeinander einstellen kann. Ebenso steigert es das Vertrauen, Konfliktthemen klar zu benennen, da es häufig eine Scheu gibt, die Konflikte und die eigenen Sichtweisen zu teilen. Mit dem Mut die Konfliktthemen offen zu adressieren, wird das Vertrauen als Basis ist für eine Feedback- und Zusammenarbeitskultur gestärkt.
Die gegenseitige Akzeptanz, ein Verständnis der jeweiligen Position und Sichtweise ist bei der Konfliktprävention besonders zielführend. Bei verhärteten Konflikten und Konfliktparteien kann allerdings ein kompletter Mediationsprozess notwendig sein, um einen Perspektivwechsel zwischen den Personen herbeizuführen.
3. Neue agile Rollen und Anforderungen an Einzelne & Teams
In der Praxis habe ich häufig erlebt, dass neue agile Rollen (z.B. vom Projektmanager hin zum Product Owner) häufig zu einer Unsicherheit, zu einem unklaren Rollenverständnis und unterschiedlichen Erwartungshaltungen an die Rolle führen. Zudem findet selten eine Eingliederung in die Rolle statt und somit ist das Selbstverständnis und auch die Akzeptanz dieser neuen Rolle oft nicht gegeben.
Mitarbeiter kommen in einen Konflikt, da sie sich nicht gesehen und nicht mehr wertgeschätzt fühlen. Schlichtweg werden ihre Bedürfnisse, die mit der vorherigen Rolle verknüpft waren nicht mehr mit der neuen Rollen erfüllt, was häufig zu sichtbaren oder auch stillen Konflikten führt.
Hier kann aus meiner Sicht der Einsatz von Mediation äußerst hilfreich sein, da insbesondere hier der individuelle Austausch und das klare Herausstellen der eigenen Bedürfnisse, Ängste, Werte und Erfahrungen sehr wichtig sind, um alte Rollen abzugeben und neue einnehmen zu können.
Daher …
Die agile Transformation ist ein Change Prozess, der bewusst begleitet werden sollte, da die Wandlungsbereitschaft aller Mitarbeiter über den Erfolg und Misserfolg der Transformation entscheidet. Andernfalls besteht das Risiko, dass Mitarbeiter versuchen die Veränderungsprozesse zu stoppen, entgegen zu wirken oder das Unternehmen zu verlassen.
Die Konflikte des Change Prozesses können sehr vielseitig sein und unterschiedlichen Ursprung haben. Dem*Der Mediator*in kann in der agilen Transformation bei vielerlei Konfliktpotenzialen begleiten, z.B. beim
a. Auflösen von Hierarchieebenen
b. Auflösen von Rollenunklarheiten
c. Etablieren einer aktiven Konfliktprävention
d. Stärken einer Feedbackkultur durch Trainings
e. Umgang mit Teamkonflikten zur Stärkung der Selbstführung
Es gibt also einige Möglichkeiten in denen der Agile Coach als Mediator*in agieren kann, bzw. Mediationskenntnisse sehr hilfreich sind. Auch sind die Haltungen eines Agilen Coaches und eines*r Mediators*in sehr ähnlich, z.B. verstehen beide ihre Arbeit als Hilfe zur Selbsthilfe.
Jedoch wird die agile Unternehmenstransformation noch selten im Kontext eines benötigten Mediators besprochen, was sich für mich nun in den oben beschriebenen Situationen als sinnvolle Ergänzung herausstellt.
Was ist Eure Meinung?
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Kathrin Patzer Piassi | LinkedIn
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